App Entwicklung: Klo Finder Köln
SHORTY
💡 SCOPE : Entwicklung einer App, die Usern alle öffentlichen Toiletten in Köln anzeigt.
💫 PROJEKTRAHMEN : Abschlussarbeit meiner Weiterbildung zur Frontend-Developerin mit Zusatzqualifikation UX Design
📝 MEINE AUFGABE : Recherche, Konzeption, Design, Programmierung
🕞 PROJEKTUMFANG : Eine Woche
Briefing
In einer fremden Stadt ein Klo zu finden, ist gar nicht so einfach. Selbst in der eigenen Stadt kennen sich Menschen nicht überall aus. Wenn die Not groß ist, ist der Fokus klein. Dann konzentriert man sich nur noch auf die Lösung des Problems, alles andere tritt in den Hintergrund. Ziel der App ist es, den Usern einen schnellen und einfachen Zugang zu den benötigten Informationen zu ermöglichen.
Nachtrag: Die Web-App wurde 2021 entwickelt. Zu der Zeit war Open Street Maps der einzige Kartenanbieter, der öffentliche Toiletten verzeichnet hatte. Es gab damals keine Apps und auch Google hatte Toiletten nicht verzeichnet. Mittlerweile finden sich diese Einträge auch auf Google und es gibt zahlreiche Apps zu dem Thema.
Research User und Zielgruppe
Umfragen und Interviews ergaben, dass KölnerInnen die App verwenden und positiv bewerten würden. Viele hatten selbst Erfahrungswerte aus Situationen, in denen sie auf der Suche nach einer Toilette waren. Der Satz „Oh, auf der dringenden Suche nach einer Toilette war ich schon mehrmals“, habe ich in den Interviews tatsächlich öfter gehört, als ich das anfangs vermutet hatte. Obwohl sie in Köln wohnhaft sind, kennen sich die meisten Menschen außerhalb ihres Stadtviertels nicht gut genug aus. Eine App, welche die nächstgelegene öffentliche Toilette anzeigt, wurde als äußerst hilfreich empfunden.
💡 INSIGHT: Zahlreiche Menschen kennen das Problem, plötzlich und dringend eine Toilette aufsuchen zu müssen. Während der Interviews habe ich Menschen mit einer zeitweisen schwachen Blase, Reizblase, Reizdarm oder Blasenschwächekrankheit interviewt. Für die meisten war das Thema mit Scham behaftet. Alle kannten das dringende Bedürfnis, das sich in Panik ausweiten kann, wenn man sich zu hilflos fühlt. Durch die Interviews wurde klar, dass das Thema kein Nischenthema ist und tatsächlich vielen Menschen helfen wird. Aufgrund von selektiver Wahrnehmung und Satisficing in Stresssituationen, ist es wichtig, das Design klar, reduziert und effizient zu gestalten. Für eine gute User Experience sollten die relevanten Informationen leicht und übersichtlich zugänglich sein.
Exkurs Psychologie: Was ist selektive Wahrnehmung
Die selektive Wahrnehmung beschreibt jenes psychologische Phänomen, dass bei der Wahrnehmung nur bestimmte Aspekte der Umwelt aufgenommen und andere ausgeblendet werden. (Definition aus: Stangl, 2021). Diese lebensnotwendige Funktion führt unter anderem dazu, dass wir unsere Umgebung bedürfnisorientiert wahrnehmen. Jemand, der Hunger hat, nimmt zum Beispiel eher Lebensmittel als andere Menschen war. Auch wer eine Toilette sucht, richtet seinen/ihren Fokus speziell darauf aus. Deswegen ergibt es Sinn, den Klo Finder als eigenständige, auf die wichtigsten Funktionen reduzierte App zu entwickeln.
Exkurs Psychologie: Was ist Satisficing
Satisficing beschreibt das Verhalten, in einer Entscheidungssituation die erstbeste Möglichkeit zu wählen, welche den angestrebten Zweck bzw. ein zuvor definiertes Anspruchsniveau erfüllt. (Stangl, 2021).
Die Aufenthaltsdauer auf Webseiten beträgt meist nur wenige Sekunden. User erwarten, in kürzester Zeit und direkt zu einem relevanten Ergebnis zu kommen. Daher klicken sie fast immer auf den Link oder Button der sich am ehesten so anhört, als könne er das Problem lösen. Im Englischen spricht man vom Satisficing – ein Kunstwortaus aus satisfying (befriedigend) und suffice (ausreichend). Ein Beispiel hierfür ist, dass User, die eine Wegbeschreibung suchen, nicht auf den Link Ansprechpartner klicken werden, auch wenn sich dahinter weitere Links wie Kontakt, Impressum, oder Anfahrt verbergen.
Research Konkurrenzanalyse
Eine Konkurrenzanalyse ergab, dass es hierzu bereits Daten auf der Webseite der Stadt Köln gibt. Allerdings bietet die Seite nur Filter. Die Filteranzeige der verschiedenen öffentlichen Toiletten ist auf der Webseite von koeln.de eingebunden und keine eigene App. An das Ziel, eine Toilette zu finden, kommen User also nur über mehrere Klicks. Sie müssen dazu erst ihren Standort in ein Formular eingeben. Das ist für viele schon eine Hürde und wirkt sehr umständlich. Dann öffnet sich durch einen Klick ein weiteres Fenster, welches es erst dann Usern ermöglicht, nach Kriterien zu filtern. Durch die vielen verschiedenen Schritte und Klicks, die notwendig sind, um eine Toilette zu finden, entsteht kein flüssiger Userflow. Im Gegenteil, sucht ein User aus einem notwendigen Bedürfnis heraus, wird er/sie sich kaum die Zeit nehmen, denn auch hier gilt die Regel des Satisficing.
Update ( Dezember 21): Die Webseite bietet inzwischen auch eine Route zum nächsten Klo an. Diese kann gewählt werden, nachdem man seinen eigenen Standort angegeben, eine Toilette ggf. gefiltert, ausgewählt und dann auf Route berechnen geklickt hat. In der Mobile Version öffnet sich die externe App Google Maps.
💡 INSIGHT: Menschen, die dringend eine Toilette benötigen, fokussieren ihren Blick nur darauf (Stichwort selektive Wahrnehmung). Sie benötigen lediglich Funktionen, die beim Erreichen dieses einen Ziels helfen und wollen sich nicht durch eine ganze Webseite klicken. Für eine gute User Experience ist es wichtig, die Funktionalität auf das Wesentliche zu reduzieren und durch ein klares Design, einen einfachen und intuitiven Userflow zu ermöglichen. Auch die Funktionen als App umzusetzen ergibt hier Sinn, da User unterwegs eine Toilette benötigen und nicht dort, wo sie sich auskennen.
Anforderungsanalyse
Welche Funktionen sind notwendig für eine gute User Experience? Welche davon sind umsetzbar in der vorgegebenen Zeit und notwendig, weil sie von Usern erwartet werden?
Um dies herauszufinden, habe ich die Funktionen in einer Priority Map nach Zufriedenheit/Machbarkeit eingeteilt.
💡 INSIGHT: Dabei bildete sich auch eine Kernfunktion der App heraus, die sich sowohl als machbar als auch besonders hilfreich herauskristallisierte: Der Klo Lotse zeigt per Navigation den kürzesten Weg zur nächsten öffentlichen Toilette. Dabei berechnet die App die schnellste Strecke für den User.
Designentwicklung
Das Design der Klo Finder App richtet sich nach der Funktionalität und ist reduziert auf das Wesentliche. Um dem psychologischen Effekt der selektiven Wahrnehmung entgegen zu kommen, ist das Design simpel und intuitiv gestaltet. Die User sollen nicht abgelenkt werden, sondern sich in dem Moment auf das Wesentliche konzentrieren können.
Ausblick und Learning
Ein großer Mehrwert für User wäre die Weiterentwicklung der App mit ortsübergreifenden Informationen. So könnte die App mit deutschlandweiten offenen Daten gefüttert werden, um eine flächendeckende Nutzung zu bieten. User könnten dann egal wo sie sind – am Meer, im Wald, in der Stadt – immer das nächste öffentliche Klo finden.
Ebenso sinnvoll für eine zukünftige Planung wäre die Erweiterung Community: Durch ein Bewertungssystem, bei dem User die Klos öffentlich oder privat bewerten können, entsteht ein Austausch mit anderen, der auch die Bindung zur App steigert.
Das Projekt wurde als Abschlussprojekt als Web-App entwickelt und anschließend als Webseite online gestellt: Klo Finder 🚽
Verwendete Literatur
Satisficing: Stangl, W. (2021). Stichwort: ‚Satisficing – Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik‘.Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.WWW: https://lexikon.stangl.eu/24474/satisficing(2021-12-10)
Stangl, W. (2021). Stichwort: ‚selektive Wahrnehmung – Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/1708/selektive-wahrnehmung (2021-12-08)